Medienkritik
Beitrag 3 vom 13. Januar 2017
Investmentbanker lesen Marx
Aus einem Interview mit Michael Hudson:
"Das Zentrum des Marxismus war immer die Wall Street. Als ich
dort in den 1960ern anfing, hatten alle führenden Ökonomen einen
marxistischen Hintergrund. Es muss Mitte der 60er gewesen sein,
an einem Donnerstag, als wir uns in einem japanischen Nudelhaus
trafen. Da waren andere Investmentbanker, von Drexel Burnham,
Lazard Frères, ich arbeitete bei Chase Manhattan. An diesem
Abend gegen halb zehn diskutierten wir über das
Überschuldungsproblem im dritten Band von Karl Marx’ »Kapital«.
Wir brachen in Lachen aus und dachten: »Stellt euch vor, wenn
die Leute wüssten, dass die führenden Wall-Street-Banker über
Marx’ ›Kapital‹ diskutieren!« Der Grund ist unübersehbar: Wir
wissen, dass sich in diesem System alles um Ausbeutung dreht.
Die Wirtschaftsschulen erklären hingegen: So etwas wie
Ausbeutung gibt es nicht. Weil wir wussten, worum es im System
geht, waren wir natürlich die besseren Ökonomen."
https://www.jungewelt.de/2016/11-12/061.php
Beitrag 2 vom 13. Januar 2017
Sicher ist der Begriff "Gleichschaltung" wegen unserer
Erfahrungen in DDR und Nationalsozialismus
problematisch, auch weil er sprachlich einen Schalter, den man umlegen
kann, einen Täter, der den Knopf betätigt und einen bewussten wie
absichtlichen Prozess des hundert-prozentigen Gleichschaltens nahe legt.
Sicher ist aber auch, dass alles dies nicht gegeben ist, weil
zwar das Produkt unserer Mainstream-Medien zu über 90% gleichgeschaltet
wirkt, dies aber durch einen komplexen Prozess des Zusammenwirkens
zahlreicher medialer Akteure, Journalisten, Verleger und Politiker wie
Konzernchefs,
medialer Macht- und Kapitalstrukturen,
Arbeitsbedingungen, Netzwerke und nicht zuletzt durch die fast
flächendeckende Vorherrschaft einer Mainstream-Ideologie in allen
Schulen, Universitäten und journalistischen Ausbildungsstätten zustande
kommt.
Sicher scheint auch, dass der überwie-gende Teil des
medial mainstreamigen Einheitsbreis jenseits von PR und
strategisch/politisch/militärischem Cyberkrieg nicht absichtlich,
bewusst und bösartig angerührt wurde und wird, sondern das fast
unausweichliche Produkt von Journalisten und Medien ist, die überwiegend
auch an das, was sie da verlautbaren, glauben. Und dabei kaum bemerken,
wie sie als Lämmer in der Herde gewissen leitenden Inspirationen,
Vorbildern und von Netzwerken, Lehrstühlen, PR-Abteilungen, Thinktanks,
wie Personalpolitikern protegierten Denkmustern anhängen.
N.H.
Beitrag 1 vom 13. Januar 2017
Das folgende ist ein Zitat aus einem längeren Statement von Albrecht
Müller zu dem von ihm auf den Nachdenkseiten gebrauchten Begriff einer
medialen "Gleichschaltung",
siehe die vollständige Quelle und viele weitere Beiträge zur
Medienkritik auch:
http://www.nachdenkseiten.de/?p=21735
"Vierzehn beispielhafte Fälle nahezu perfekt gelungener Gleichschaltung
- Nahezu alle Medienmacher sprechen von Reformen,
wenn sie Veränderungen zulasten der sozialen Sicherheit, der
Sozialstaatlichkeit und der großen Mehrheit der Menschen
kennzeichnen und beschreiben wollen. Reformen sind die
Veränderungen, die die Agenda 2010 für uns gebracht hat, Reformen
ist das, was die europäische Union, der Internationale Währungsfonds
und die Weltbank den Völkern Italiens, Spaniens, Griechenlands und
Portugals aufgezwungen hat und aufzwingt. Damit ist in den letzten
40 Jahren eine nahezu totale Neudefinition dieses ehedem schönen
Begriffes „Reformen“ gelungen. Der gute Klang dieses Begriffes wird
heute missbraucht und dies in einem atemberaubenden Gleichklang.
- Nahezu alle Medienmacher nennen die Finanzkrise heute
Staatsschuldenkrise. Uie sind damit das Opfer jener
Spekulanten und Banken geworden, die die Verantwortung für die Krise
von 2007, 2008 und 2009 von den Spekulanten ablenken und den Staaten
zuschieben wollen.
- Nahezu alle Medienmacher haben 2007 und 2008 unkritisch die
Parole der Bundesregierung und der Finanzwirtschaft übernommen,
jede Bank sei systemrelevant. Diese Gleichschaltung
kostet uns Steuerzahler vermutlich weit über 100 Milliarden €.
- Nahezu alle Medienmacher sprechen von Sparen,
wenn sie Austerität, also das Sparenwollen meinen
und zugleich darauf verzichten, den Spar-Erfolg überhaupt zu prüfen,
geschweige denn zu messen.
- Nahezu alle Medienmacher, fast 100 %, halten bzw. hielten
die Privatisierung der Altersvorsorge für notwendig, um
damit dem demographischen Wandel gerecht zu werden und zu
begegnen. Kleinlaut rücken sie neuerdings von ihrem jahrelang
verbreiteten Glauben an die Privatvorsorge ab. Kleinlaut und
zögerlich, weil es immer peinlicher wird, die von Unsicherheit und
hohen Betriebs- und Vertriebskosten charakterisierte Riester-Rente
hochzuhalten. Dem Kritiker Henkel wäre anzuraten, sich das Thema
Demographie und Altersvorsorge genau anzuschauen. Hier könnte er
vieles lernen, beispielsweise über das Zusammenspiel von
„Wissenschaft“, Versicherungswirtschaft, Politik und Medien beim
(gelungenen) Versuch der Erosion der Leistungsfähigkeit der
gesetzlichen Rente. An diesem Beispiel könnten wir ihm auch zeigen,
dass es Gleichschaltung und kritischen Journalismus nebeneinander
gibt und dass wir von den NachDenkSeiten immer wieder versuchen, den
kritischen Journalisten Gehör zu verschaffen. Im konkreten Fall hat
Henkels Stuttgarter Landsmann Dietrich Kraus zusammen mit dem
Journalisten Ingo Blank ein Leuchtfeuer des kritischen Journalismus
gezündet, den Fernsehfilm „Rentenangst“.
Vermutlich gibt es kein anderes Medium, das so oft wie die
NachDenkSeiten auf diese großartige Dokumentation hingewiesen hat.
Aber auch dieses Werk kritischen Journalismus konnte nicht
verhindern, dass bei uns die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen
Rente ruiniert worden ist und Milliarden in die Privatvorsorge
gesteckt worden sind und werden – weil die Gleichschaltung der
Mehrheit der Medien funktioniert hat und die Szene beherrschte.
- Nahezu alle Medienmacher haben uns verschwiegen, dass
der Wiederaufbau eines Ost-West-Konfliktes dem widersprach
und widerspricht, was Westen und Osten sich 1990 zugesichert haben:
den Abbau der Konfrontation und den Aufbau von Zusammenarbeit und
Freundschaft auf allen Gebieten.
- Nahezu alle Medien in Deutschland haben applaudiert, als der
Bundespräsident, die Bundesverteidigungsministerin und der
Bundesaußenminister im Umfeld der Sicherheitskonferenz in München
Ende Januar/Anfang Februar 2014 quasi gleich lautend
verkündeten, die Bundesrepublik müsse mehr Verantwortung im
internationalen Bereich übernehmen, auch militärische.
- Nahezu alle Medien haben uns erzählt, niedrige Löhne und
niedrige Lohnnebenkosten seien wichtig. Jetzt stehen sie
mit staunenden Augen vor dem Desaster, dass sich die
Leistungsbilanzen der Völker Europas wegen dieser falschen
Lohnpolitik gefährlich auseinander entwickelt haben.
- Nahezu alle Medienmacher haben eine große Sympathie für
die europäische Union und sehen der Brüsseler Kommission quasi alles
nach, was sie an Unbill in Europa anrichtet, weil sie von
einer Ideologie und nicht von einer pragmatischen Politik zum Wohle
Europas angetrieben wird.
- Nahezu alle Medien haben jahrelang verkündet, Pisa sei
eine quasi objektive Messung der Bildungsunterschiede und der
Ursachen dieser Unterschiede. Wer dagegen anging, wer
bezweifelte, was der OECD-Beauftragte Schleicher in Deutschland
verkündete, war ein einsamer Stänkerer.
- Nahezu alle Medienmacher bewundern im Schulterschluss mit Angela
Merkel und Wolfgang Schäuble unsere Exportüberschüsse.
Sie sehen nicht, dass Exportüberschüsse ein Verzicht auf Wohlstand
darstellen und dass sie außerdem anderen Ländern unendlich viele
Probleme bringen. Wir erleben gerade in der Ökonomie eine
Gleichschaltung auf einem wahrlich niedrigen Niveau ökonomischen
Verständnisses.
- Nahezu alle Medienmacher reden von großem Wachstum und
von einem deutlichen Anziehen der Konjunktur und des Konsums,
wenn vom Statistischen Bundesamt oder von der Gesellschaft für
Konsumforschung (GfK) auch nur kleine Veränderungen gemeldet werden.
So wird auch heute wieder eine Veränderung des
Bruttoinlandsproduktes von 0,4 % im vierten Quartal des Jahres 2013
auf 0,8 % im ersten Quartal des Jahres 2014 aufgeblasen:
„Wirtschaftswachstum in Deutschland verdoppelt sich“, meldete
SpiegelOnline. Dass die berichteten Veränderungen im Bereich von
Fehlergrenzen liegen können und dass das Wachstum des
Bruttoinlandsproduktes im Jahresvergleich mit 2,5 % ausgesprochen
bescheiden ist, stört bei der Verkündung der gleichgeschalteten
Botschaft „uns allen geht es gut“ nicht.
- Nahezu alle Medienmacher reagieren geplant und aggressiv
auf eine mögliche politische Alternative zur konservativen Regierung,
im konkreten Fall auf eine Alternative zu Frau Merkel.
Rot-Rot-Grün wird systematisch bekämpft. Das beste
Beispiel: die Verhinderung eines Regierungswechsels in Hessen unter
der Führung von Andrea Ypsilanti. Damals traten die Bild-Zeitung und
der Spiegel/Spiegel online gemeinsam an, unterstützt vom rechten
Flügel der SPD und seinen Förderern bei der CDU sowie interessierten
Gewerkschaftern. Peter Henkel hat ja sicher noch gute Kontakte nach
Frankfurt. Unser Tipp: Recherchieren Sie doch mal, welche Rolle die
genannten Medien im Zusammenspiel mit der CDU Führung Hessens, den
rechten Sozialdemokraten und Chemiegewerkschaftern gespielt haben,
um den Einfluss des Schwaben Hermann Scheer auf die Umweltpolitik
des Landes Hessen zu stoppen. Sie könnten dabei lernen, wie
gleichgeschaltet und mit welchen Methoden die Verhinderung einer
politischen Alternative hierzulande abläuft.
- Überhaupt: das TINA-Prinzip. Zu behaupten und
diesen Glauben durchzusetzen, es gäbe keine Alternative zur
herrschenden neoliberalen Ideologie, ist ohne weit gehende
Gleichschaltung nicht denkbar."
Zitat von :
http://www.nachdenkseiten.de/?p=21735